Quelle: Oberhessische Zeitung vom 23.07.2022
Letzter Schultag des Schuljahres 2021/22 am Freitag – und kurz vor Ende der dritten Schulstunde war in der Stadtschule Alsfeld für einen Moment das Geheule besonders groß: Unüberhörbare Sirenentöne riefen das Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Alsfeld auf den Plan. Der Auslöser lag keineswegs an einer Notsituation oder einer schlechten und enttäuschenden Notenvergabe auf den Zeugnissen. Es war eine der Schulleitung verheimlichte, aber offiziell geplante Räumungsübung der Feuerwehr – zum Einläuten eines besonderen Abschieds: Die Grundschule in der Innenstadt verabschiedete ihre langjährigen Lehrkräfte Ulrike Ocker-Martin und Heike Wolff sowie den Schulleiter und Paten des Alsfelder Hilfeleistungslöschfahrzeugs HLF20, Peter Schwärzel, aus dem aktiven Berufsleben in die fortan „großen Ferien des Lebens“, in den Ruhestand. „Endlich Ferien“, die Lernzeit für Mathe, Deutsch, Sachkunde, für Hausaufgaben und Klassenarbeiten sollte eine gesetzlich-auferlegte Pause bekommen. Als erste Amtshandlung der Feriengänger wanderte vermutlich der Schulranzen schon während der Zeugnisausgabe in den Gedanken seiner Besitzer für die kommenden sechs Wochen in eine stille Ecke. Wenn möglich aber ohne die gefüllte Brotdose der letzten Schultage, um am Ende der Ferien ein böses Erwachen zu vermeiden. Bis zum Abschluss der dritten Schulstunde und Ferienbeginn dauerte es noch eine gute Viertelstunde, in denen urplötzlich auf dem Gelände der Grundschule in der Volkmarstraße allerhand passierte: Die Grundschüler verließen im Zuge der Feuerübung ordnungsgemäß mit ihren Klassenlehrerinnen die Klassenräume und warteten voller Spannung auf das Eintreffen der Alsfelder Feuerwehr auf dem Schulhof. Stadtbrandinspektor Daniel Schäfer sowie dessen Kameraden Christoph Bünger und Benjamin Knodt kamen schnell angesaust, positionierten ihr aufsehenerregendes Löschfahrzeug auf dem Schulhof und suchten den Kontakt zum Rektor. „Wir sagen euch Tschüss, und winken dabei, und hoffen, dass ihr mal an uns denkt“, stimmten sodann alle Klassen ein Lied zum Abschied der drei Lehrkräfte an. Im Taumel der Gefühle zwischen Freude und Tränen machte sich eine Abschiedsstimmung breit, die zu guter Letzt auch genau das erreichte, was sie sollte: Die Lehrerinnen und Schulleiter Peter Schwärzel waren überrascht und gerührt zugleich. „Überraschung gelungen“, freute sich ein Großteil der 250 Schüler über den Erfolg und das geglückte Stillschweigen gegenüber des Rektors und Mathelehrers, obgleich für manchen Beteiligten die Versuchung zum Ausplaudern des Vorhabens im Unterricht der vergangenen Tage schon riesengroß war. „Da haben wir unserem Herrn Schwärzel aber ein Schnippchen geschlagen“, rieb sich indes vornehmlich das Kollegium die Hände, weil sie mit vereinten Kräften und Unterstützung der Alsfelder Feuerwehr hinterrücks eine Möglichkeit gefunden hatten, ihrem langjährigen Standort-Manager auf originelle Weise „Dankeschön und auf Wiedersehen“ zu sagen. Eine offizielle Abschiedsfeier mit Schulterklopfen und Lobhudelei nämlich wollte Peter Schwärzel für seinen Eintritt in den Ruhestand bewusst nicht haben. Für den Pädagogen standen in all den Jahren seines beruflichen Wirkens vielmehr die Kinder, ihr Wohl, das soziale Miteinander und eine gute Wissensvermittlung im Vordergrund. Dementsprechend setzte sich der gebürtige Alsfelder im Zuge seiner verantwortungsvollen Aufgabe als Frontman der Lernstätte seit August 2002 zum Ziel, das Schulleben der Stadtschule für seine Grundschüler, Lehrerkollegen, den Betreuungsverein Regenbogen und alle weiteren Mitarbeiter stets weiterzuentwickeln zu einem innovativen Lebensraum mit Zukunft, an dem nicht nur Lernstoff vermittelt wird, sondern das soziale Leben viel Raum zur Entfaltung bekommen kann. Nachgehört im Kollegium, beim Elternbeirat, bei ehemaligen und frisch zurückgelassenen Schülern von Peter Schwärzel wurde Wertschätzung für dessen Arbeit deutlich. Allein durch wenige Worte, durch Mimik, Gestik und eine Fülle an emotionalen Ausbrüchen und Reaktionen anwesender Kinder und Erwachsener auf dem Schulhof manifestierte sich das Bild eines erfahrenen, beliebten Schulleiters, Lehrers und Pädagogen, der mit Sachverstand, Menschlich- und Persönlichkeit eine Handschrift hinterlassen hat. Unabhängig dessen aber geht das Leben weiter und die Schulgemeinde muss sich keine Sorgen machen: Peter Schwärzel stand in den vergangenen Monaten seinem Stellvertreter Lukas Alt eng zur Seite – das Ganze verbunden mit der Hoffnung, dass die Nachfolge des Schulleiters bis zum Start des Schuljahres 2022/23 geregelt werden kann.
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